Wann Sie trainieren sollten, um Muskeln aufzubauen
Haben Sie schon einmal vom zirkadischen Rhythmus gehört? Er bestimmt unseren Tagesablauf! Im Volksmund auch «innere Uhr» genannt, kontrolliert der Vorgang etliche körperliche Funktionen – von Appetit bis Müdigkeit. Forscher haben jetzt entdeckt, dass er auch Einfluss auf den Effekt von körperlicher Betätigung haben kann und ausschlaggebend dafür sein könnte, wie effektiv sie trainieren. Doch wie funktioniert das?
Zirkadischer Rhythmus
Das hochkomplexe System von körpereigenen Botenstoffen, das viele unserer körperlichen Vorgänge bestimmt, wird tatsächlich von einem ziemlich kleinen Gehirn-Areal kontrolliert, das vor allem auf Licht reagiert. Unsere Augen nehmen Helligkeit wahr und geben dem sogenannten suprachiasmatischen Kern Bescheid, ob es gerade hell oder dunkel ist.
Das ist der Grund, warum wir nicht mitten in der Nacht von tierischem Hunger wach werden oder warum ein Jetlag uns für mehrere Tage aus der Bahn werfen kann. Der Rhythmus beeinflusst Müdigkeit, Körpertemperatur, Blutzucker, Blutdruck, Zellteilung und den Energiehaushalt.
Die Leiter einer Studie liessen Mäuse zu verschiedenen Tageszeiten auf einem kleinen Laufband rennen und beobachteten dabei unterschiedliche Reaktionen ihrer Körper. Hierbei stellten sie fest, dass die Mäuse morgens auf Energie aus ihren Fettreserven statt ihres Blutzuckers zurückgriffen. Wenn sich das auf Menschen übertragen lässt, könnte das von Vorteil für Menschen sein, die Gewicht verlieren möchten.
Sport morgens
«Ich würde morgens Cardio-Übungen empfehlen», sagt Personal Trainer und Sportwissenschaftler Jörn Giersberg im Interview mit BILD. «Bevor man gegessen hat, gleich mal die Turnschuhe anziehen und eine moderate Runde joggen. Für Muskeltraining ist der Körper nicht warm genug.» Es ist nicht der effektivste Weg, um Fett abzubauen, da die richtige Ernährung und auch Krafttraining wichtigere Faktoren dabei sind, doch wer die Zeit findet, sollte sein Cardio-Training lieber morgens abhalten.
Sport nachmittags
„Es gibt Studien, die sagen die beste Zeit für Muskeltraining sei zwischen 15 und 17 Uhr“, sagt Giersberg. „Hier kommt auch der Blutzucker zum Einsatz, den der Körper eher zum Nachmittag als Energiequelle nutzt, denn Muskeln brauchen viel Energie.“
Eine Studie mit diabetischen Männern aus dem Jahr 2020 stellte fest, dass der Körper besser auf Insulin reagierte und den Blutzucker besser unter Kontrolle brachte, wenn diese nachmittags statt morgens trainierten. „Manche Diabetologen sagen, dass Muskelmasse die Insulin-Regulierung unterstützen kann“, so Giersberg zu BILD. „Überschüssiger Blutzucker kann hierbei von den Muskeln aufgesaugt werden.“ Auch deshalb ist es sinnvoll, Muskeln nachmittags zu trainieren.
Sport vorm Schlafen
Vielen gelingt es nicht, Sport in ihren Arbeitsalltag einzubauen und schaffen es erst nach der Arbeit in Fitnessstudio. Das ist ein Fehler, denn viel körperliche Arbeit, wie ein Krafttraining oder eine grosse Jogging-Runde, geben dem zirkadischen Rhythmus das Signal „Wach auf!“. Das kann zu erheblichen Schlafstörungen führen.
„Ich musste das bei mir selbst feststellen, als ich eine Zeit lang nur abends Zeit zum Trainieren fand“, sagt Jörn Giersberg. „Ich wurde wochenlang von Kopfschmerzen und Schlappheit geplagt.“ Wer es sonst aber überhaupt nicht zum Sport schafft und das Bedürfnis hat, sich abends noch mal zu bewegen, sollte laut Giersberg eine Runde spazieren. Das „weckt“ den Körper nicht auf. Es ist aber auch nicht besonders effektiv, wenn man abnehmen oder seinen Körper stählen möchte.
Ein Wermutstropfen vom Fitnessprofi zum Schluss: „Wer Veränderungen in seiner Fitness erreichen möchte, sollte etwas an seinen Lebensbedingungen ändern, um früheren Sport einzurichten.“