«Das Gesamterscheinungsbild muss stimmen»
Seit 35 Jahren ist die Zürcherin Luisa Rossi im Mode-Business und auch bekannt aus vielen TV-Shows. Sie gilt als die Schweizer Stil-Expertin schlechthin und bietet persönliche Styling-Beratung und Workshops an. Sie ist auch als Fashion-Dozentin tätig.
STIL-EXPERTIN Luisa Rossi im Stil-Interview.
Luisa Rossi, was ist Stil überhaupt – und was zeichnet guten Stil aus?
Jeder hat seinen eigenen Stil, aber vor allem sollte es ganzheitlich sein. Es reicht nicht, nur schöne Schuhe zu tragen oder einfach eine gute Frisur zu haben – das Gesamterscheinungsbild muss stimmen.
Was unterscheidet Stil von gutem Geschmack?
Geschmack ist subjektiv – entweder man hat einen guten oder schlechten Geschmack (lacht). Unter dem Strich muss es für jeden selber stimmen. Wenn jemand nicht nach meinem Geschmack gekleidet ist, würde ich ihn nie kritisieren oder auslachen. Man muss damit selber glücklich sein und zum guten Glück gibt es verschiedene Geschmäcker. Aber wenn es jemand wünscht, kann ich gerne helfen, den richtigen Stil zu finden.
Kann man Stil lernen?
Ja, definitiv. Wie ich im Vergleich zu heute in den 80er Jahren aussah, ist das beste Beispiel dafür – ich habe in den letzten 40 Jahren selber enorm viel gelernt.
Sehen Sie einen Zusammenhang zwischen Stil und Geldbeutel?
Nein, überhaupt nicht. Heutzutage sowieso nicht. Vor 30 Jahren gab es kaum Auswahl und Designer-Kleider konnten sich nur wohlhabende Leute leisten. Heute gibt es Designer-Mode ab der Stange und sogar noch zu sehr guten Preisen.
Gibt es ein Kleidungsstück, das immer funktioniert? Eine Art Allzweckwaffe?
Die guten modernen Basics wie unter anderem eine schöne weisse Bluse oder ein Hemd, ein Blazer, Jeans, für die Frau das «kleine Schwarze», ein Anzug oder Kaschmir-Pulli und vieles mehr macht man nie was falsch – egal welche Saison was trendig ist.
«Kleider machen Leute» – stimmt dieses Sprichwort?
Ja, absolut. Und das ist nicht arrogant gemeint. Wer sich mehr Mühe gibt, bekommt auch automatisch mehr Komplimente.
No-Gos für Frauen ab 40: Was halten Sie von Empfehlungen wie keine ärmellose Kleider und keine Mini-Röcke zu tragen?
Das ist ein Klischee, denn die heutige Frau mit 40 sieht aus wie 20 (lacht). Jeder muss selber wissen, was er zeigen will. Klar, am Meer zeigt man eher mehr als in der Stadt. Wichtig bei solchen Fragen ist, dass man selbstkritisch bleibt.
Wie finde ich den Stil, der zu mir passt und mich gut aussehen lässt?
Offen sein dafür. Es gibt ja so viele Möglichkeiten, sich inspirieren zu lassen – zum Beispiel über die sozialen Medien. Zudem gibt es Workshops oder persönliche Stil-Beratungen. Wenn man will, dann findet man seinen Stil.
Das Angebot für preiswerte und trendbewusste Mode ist so gross wie nie. Haben Sie einen Tipp, wie man bei dieser Reizüberflutung überhaupt noch seinen eigenen Stil finden kann?
Ich merke das bei meinen Kunden, viele sehen vor lauter Wald den Baum nicht mehr. Man muss sich fokussieren und es braucht Zeitinvestition. Zum Bespiel einen Tag lang anprobieren und sich im Laden von der Verkäuferin beraten lassen – die sind ja nicht nur da, um Kleider zusammenzulegen. Online finde ich es eher schwierig, die richtige Passform und Stoffe zu finden.
Dresscode im Restaurant, was halten Sie davon und gibt es das noch?
Klar, es kommt auf das Lokal an. Doch ich persönlich finde es sehr schade, wenn man sich für einen Restaurantbesuch keine Mühe gibt – ja, sogar ein bisschen respektlos. Aber das muss schlussendlich jeder selber wissen.